Das mit diesem #offlineDay

not-so-offline Manch einer bemerkt in der heutigen Zeit, dass der ganze Medienkonsum, den man sich täglich mit dem Smartphone zu Gemüte führen kann die sozialen Wurzeln des Menschen angreift oder zumindest verändert. Deswegen gibt es immer wieder offizielle Tage an denen man bewusst offline sein soll/will/möchte. Disclaimer: Was ich hier von mir gebe ist meine persönliche Meinung und muss nicht auf jeden Menschen zutreffen und schon gar nicht „die einzig richtige Wahrheit“ sein. Meine Ansicht ist einfach: Wenn man selbst einen solchen Tag ausrufen will und für sich diesen Vorsatz fassen muss, ist es doch bereits zu spät, oder?

Nein, so krass ist es natürlich nicht – Nicht für jeden. Ich denke, es ist für jeden Menschen individuell, was es bedeutet, so einen Tag durchzuziehen. Für einige mag es ein Hilfeschrei sein, andere machen einfach mit, um ein Zeichen zu setzen. Und das ist auch völlig OK. Ich selbst halte es nicht für nötig einmal im Jahr einen solchen Tag durchzuführen, denn ich glaube, dass man davon nichts hat – Oder zumindest hat man davon nicht mehr als wenn man unbewusst für einen Tag fast nie den Twitter Stream checkt.

Ein Beispiel

Das Beispiel ist einfach: Einige, welche am 15. Dezember an diesem „offiziellen“ #offlineDay teilnehmen werden den Tag dazu nutzen, Weihnachtsgeschenke zu kaufen, vielleicht noch einen Kaffee zu trinken (ohne auf Instagram zu teilen!) und Abends mit der Frau, der Freundin, oder der Lebensabschnittspartnerschaftlichen-Beziehungseinheit schön essen gehen. Der Unterschied zu einem ganz normalen Tag wird sein, dass die Betroffenen möglicherweise den Drang verspüren, ein Foto vom Abendessen zu teilen – es dann aber nicht tun. Aber mal im Ernst: Wenn ich mir einen Tag Zeit nehme um die genannten Aufgaben (Geschenke, Kaffee, was Essen) umzusetzen habe ich ja sowieso schon relativ wenig Zeit, zwischendurch mal auf Twitter oder Facebook etwas zu posten oder auch nur was nachzulesen. Insofern halte ich den persönlichen Gewinn den man aus dem #offlineDay ziehen will viel zu gering – gerade jetzt in der Weihnachtszeit.

Was ich sagen will: Einen Tag auf die ganzen sozialen Netzwerke, Blogs und „Breaking News“ von 20 Minuten zu verzichten setzt vielleicht ein Zeichen nach aussen, aber dir als Person bringt es nicht viel, wenn du am nächsten Tag genau gleich weiter machst wie bisher. Die Frage, die man sich stellen sollte ist viel eher: Will ich mein Konsumverhalten eigentlich ändern, oder will ich (wenn ich ganz ehrlich zu mir selber bin) am Tag nach dem #offlineDay wieder so weitermachen wie bisher? Wer diese Frage mit „Ja“ beantwortet – und das tue ich – Braucht auch nicht zwingend einen #offlineDay. Und ich habe kein Problem zuzugeben, dass ich mein persönliches Konsumverhalten OK finde und deshalb keinen #offlineDay machen werde.

Nachhaltig offline sein

Genau, Buzzword Alarm – Der Grüne hat nachhaltig gesagt. Ich glaube in der heutigen Zeit ist es wichtiger unbewusste „Offline Momente“ zu haben. Komplett offline zu sein ist schwierig (und für viele gar nicht Zielführend), wenn man theoretisch mit einem Klick (Oder Touch) wieder online gehen kann. Und deswegen ist es meiner Meinung nach nicht der richtige Ansatz auf gut deutsch gesagt „umsverecke“ nicht online zu sein. Das kann sogar das Gegenteil vom erhofften bewirken, denn man merkt: Komplett offline sein ist uncool und ehrlich gesagt mit der Gesellschaft in der wir leben nicht vereinbar – Also bin ich nach dem #offlineDay wieder online. Und wie! Ich muss ja alles nachlesen.

Ich selbst habe auch von Berufswegen keine Chance einen Tag komplett offline zu sein, auch am Sonntag nicht. ich bin durch diverse Alarming Apps auch am Wochenende gezwungen einige Push-Nachrichten zu erlauben. Ich verfolge deshalb ein ganz anderes Ziel: Nachhaltiges offline sein. Jeden Tag. Und wenn möglich nicht bewusst. Es passiert manchmal ja einfach.

Morgens bevor ich aus dem Haus gehe schaue ich einige Mails an, arbeite dann im Zug. Entwickle an einer Software, je nach dem komplett offline. Tagsüber bin ich zwar technisch gesehen Online, brauche aber nur Firmen-E-Mail und ein paar Mal den WordPress Codex – Zeit für Twitter, Facebook und co. habe ich höchstens beim Umsteigen am Bahnhof und das mache ich viermal pro Tag. Abends komme ich nach Hause und koche etwas, esse dann vielleicht vor dem Fernseher und schaue die Simpsons. Dann noch etwas Sport, oh und vielleicht grad noch das Aquarium putzen. Ich könnte auch noch etwas Schlagzeug spielen und schon ist es wieder Zeit zum ins Bett gehen und oh: Offline Day™! Naja, zumindest fast. Aber das ist ok, denn ich habe an diesem Tag vielleicht je zehn Minuten auf Twitter und Facebook verbracht, vielleicht einige Minuten auf dem privaten E-Mail Account.

Mein Ziel ist, dass ich mir selbst möglichst wenig Gelegenheiten gebe um mein Suchtverhalten auszuleben. Klappt nicht immer. Manchmal, wenn mir am Sonntag langweilig ist und selbst wenn ich etwas zu tun hätte schaue ich alle fünf Minuten, ob es etwas neues auf Twitter gibt. Ihr seht, auch ich bin nicht „gesund“. Aber ich stehe dazu und finde es in gewissem Mass völlig in Ordnung. Was ich sagen will ist nur: Ein #offlineDay wird mich nicht heilen.

Es gibt so viele Sachen, für die man „offline“ sein kann – Zeit mit den Kindern verbringen (Trifft auch mich noch nicht zu :-)), Sport, etwas gutes Kochen, im Garten arbeiten, ein Instrument spielen, Haustiere, mit der Frau ausgehen und während dem Essen mal dieses „Reden“ ausprobieren. Es funktioniert! Eine gesunde Balance (und die kann jeder für sich definieren) zwischen Online- und Offlinemomenten, das ist die Herausforderung, vor der unsere Gesellschaft steht.

Daher lautet das Fazit…

…Wer am #offlineDay mitmacht, super, das ist ein guter Anfang. Aber sei dir bewusst, dass am späten Abend des 15. Dezember die Operation noch lange nicht beendet sein muss. Finde deine Balance, damit ein gezwungener #offlineDay für dich in Zukunft nicht mehr nötig ist.

5 Gedanken zu “Das mit diesem #offlineDay

  1. Stephan Leuenberger

    du bist einfach so offline ohne grosse ankündigung und vorabinformation aller medien (presse)?

    ist wirklich gut geschrieben mir geht es auch so, gibt tage da bin ich überhaupt nicht bei twitter oder facebook online weil ich einfach besseres zu tun habe. auch nachlesen ist nicht meines da ich keine angst habe etwas zu verpassen.

  2. Ein interessanter Beitrag, toll geschrieben. Ich selber mache ja an diesem Tag auch mit. Das nicht weil ich meine Grenze nicht kenne, nein kann auch sonst einmal ein Tag offline sein, wie im Urlaub zum Beispiel.

    Auch während dem WK bin ich mit meinem alten Sony Ericsson w810i unterwegs.

    Ich finde es einfach spannend da mitzumachen 🙂

  3. Ich werde da mitmachen. Um mir einfach bewusst zu machen, was alles über das Internet konsumiert wird. Social Media und EMail ist nicht alles. Da gibts noch Digitalfernsehen, Voice over IP, Musik Streaming, Zahlen per Karte, Kinofilme die per Glasfaser ins Kino kommen, etc, etc. Vieles ist mir erst eingefallen, als ich mich mit diesem Tag anfing zu beschäftigen. Ich bin sicher, da kommt noch viel mehr zum Vorschein, das wir selbstverständlich nutzen und uns gar nicht mehr bewusst ist, dass da auch „das Netz“ dahinter steckt.

  4. Statt Handy „Weihnachtshopping“ um das „Konsumverhalten“ zu ändern?
    😉 der Einzelhandel freut sich.

  5. […] wegen des vergangenen #offlineday’s, denn ich bin eher Michael Sebels Meinung, welche er in „Das mit diesem Offlineday“ niedergeschrieben hat. Und ich muss ehrlich gestehen, dass es mir echt schwer fallen würde. Ich […]

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